Technische Daten des Wagens: |
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Gattung: | Bip |
Hersteller: | Görlitz |
Baujahr: | 1911 |
LüP: | 11.300 mm |
Gewicht: | 12.760 kg |
Bremse: | Wpbr |
Höchstgeschw.: | 90 km/h |
Sitzplätze: | 46 (2. Kl.) |
Zustand: | In Aufarbeitung |
Für das umfangreiche Eisenbahnnetz zwischen Müncheberg, Fürstenwalde (Spree), dem Oderbruch bis hin nach Wriezen, bestellte die Landeseisenbahndirektion Brandenburg bei der damaligen Aktiengesellschaft für Eisenbahnbedarf in Görlitz im Jahre 1910 Personen- und Gepäckwagen für Ihr Streckennetz. Zur Eröffnung des ersten Streckenteilstück Fürstenwalde (Spree) – Müncheberg am 3. Juni 1911 standen die Wagen zur Verfügung.
Im Jahre 1912 erfolgte die Streckenerweiterung über Seelow durch das Oderbruch bis nach Wriezen, wo wieder der Anschluss an die Staatsbahn hergestellt wurde.
Unser Wagen wurde als Personenwagen dritter Klasse mit der Betriebsnummer 11 eingereiht. Die Wagen der Oderbruchbahn stellten für ihre Zeit einen recht modernen Stand dar. So wurde auf die unkomfortable 4. Klasse verzichtet, die hellen Fahrgasträume erhielten ein einheitliches seitliches Fensterband und bequeme körpergerecht geformte Holzlattensitze. Anstelle der auf Nebenbahnen häufig üblichen Ofenheizung erhielt der Wagen eine Dampfheizung. Mit Hinblick auf die einfachen Infrastrukturen der Unterhaltung hatten die Wagen jedoch Petroleumbeleuchtung anstelle der häufig schon eingeführten Preßgasbeleuchtung. Die für preußische Kleinbahnen recht geringe Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h ließ den Einbau der rein mechanischen Görlitzer Gewichtsbremse anstelle der sonst auch für Nebenbahnwagen schon üblichen Druckluftbremse zu. Im Jahre 1937 erhielt der Wagen dann bei einer ersten Modernisierung die heute noch vorhandene einlösige Westinghouse-Bremse.
Im Zuge der Verstaatlichung von Privatbahnen in der DDR 1949 gelangte der Wagen in den Bestand der Deutschen Reichsbahn. Fortan war er mit der Nummer 98 709 unterwegs.
1956 wurde er bei Lowa in Gotha einer Generalreparatur unterzogen. Das Werk verließ er als 2.Klasse-Wagen, Modernisierungen am Fahrwerk und an den Zug- und Stoßeinrichtungen ließen jetzt eine Höchstgeschwindigkeit von nunmehr 90 km/h zu. Der Wagen erhielt in diesem Zusammenhang eine elektrische Beleuchtungsanlage sowie ein Abort. Ab 1958 trug er die Nummer 310-719. Seinen Betriebsdienst versah er zum Schluss vom Heimatbahnhof Saalfeld aus. Am 4. Januar 1972 erfolgte die Ausmusterung durch die Deutsche Reichsbahn und die Abgabe an die Nationale Volksarmee der DDR. Über seinen Militärdienst bei der NVA in Strausberg ist leider nichts bekannt.
Am 17. August 1990 wurde mit dem Ministerium für Abrüstung und Verteidigung in der noch bestehenden DDR ein Kaufvertrag über den Wagen 310-719 abgeschlossen. In den Jahren nach dem Erwerb wurde der Wagenkasten bereits äußerlich aufgearbeitet. 1995 begannen erste Arbeiten im Wageninneren, jedoch fehlten für die Fertigung der Wageneinrichtung noch Unterlagen. Mit dem Umzug von Berlin-Reinickendorf nach Basdorf endeten die Arbeiten. Das Projekt wurde aber nicht aufgegeben und so sammelten sich doch etliche brauchbare Teile und auch entsprechende Zeichnungen an.
Im Jahre 2014 griffen wir das Projekt wieder auf und erste Arbeiten, wie zum Beispiel die Wiederherstellung der Abteil- und Aborttrennwand, Wiedereinbau von Spannstangen, die Nachfertigung von Innenleuchten und Lüfterschiebern konnten in Angriff genommen werden.